Bier trinken hat der ein oder andere schon sehr früh gelernt, es richtig zu genießen aber lernt man meist nicht von Anfang an. Da zählt eher der Alkoholgehalt oder der niedrige Preis. Wer sich aber wirklich für das Getränk und seine Zutaten interessiert, der probiert auch deren Zusammenspiel in Geschmack, Aroma und Bouquet zu genießen. Aber auch die Farbe und der Schaum spielen eine wichtige Rolle, denn das Auge trinkt ja bekanntlich mit.
Ich möchte euch heute beschreiben, wie ich versuche das größtmögliche Geschmackserlebnis aus dem Bier rauszuholen. Dabei geht es nicht darum zu sagen, ob es richtig oder falsch ist, wie ihr euer Bier trinkt (sowas wie richtig oder falsch gibt es eigentlich nicht beim Bier trinken), sondern einfach zu zeigen, worauf ich achte und was für mich wichtige Faktoren beim Genießen eines Bieres sind.
Generell kann man das Biertrinken in drei Schritte unterteilen, die generell nacheinander ablaufen, nämlich:
Jedes Mal wenn ich in einer Bar oder einem Restaurant bin, das Craft Bier hat freue ich mich wie ein kleines Kind. Dann wird das Bier von oben bis unten begutachtet. Welche Farbe hat das Bier, ist es klar oder trüb, wie sieht die Schaumkrone aus? Erst dann greife ich nach dem Glas. Und hier sind wir schon bei einem ersten wichtigen Faktor, neben dem Bier an sich - der richtigen Glasform.
Jedes Glas hat eine Auswirkung darauf, wie man ein Bier genießen kann. Es Pils aus einem Weizenglas kommt einem komisch vor, genau als würde man ein IPA aus einer Kölsch-Stange probieren. Ich werde jetzt nicht durch alle Glasformen durchgehen, aber generell kann man sagen, dass ein Bier mit einem Bouquet, das zur Geltung kommen soll eher aus einem bauchigen Glas getrunken werden sollte, da man dann besser daran riechen kann und sich die Düfte nicht verflüchtigen. Gleichzeitig hilft ein geschwungenes Glas etwas bei der Schaumstabilität.
Aber zurück zum eigentlichen Hauptdarsteller, dem Bier. Hebt das volle Glas an und haltet es gegen das Licht. Eine dunkle Farbe ist ein Indikator für Röstaromen oder einem Geschmack, der in Richtung Schokolade geht. Eine rötliche Farbe deutet auf die Nutzung von Karamell-malzen hin, das wie der Name schon sagt, auf einen entsprechenden Geschmack hindeutet. Die Farbe an sich sagt aber noch nichts über die „Schwere“ des Bieres aus, oder wie komplex sich am Ende der Geschmack zusammensetzt. Das ein der andere leicht anmutende, helle Bier hat hat mich schon vom Hocker gehauen.
Als nächstes gucken wir uns den Schaum an. Ist er schneeweiß oder schimmert die Farbe des Bieres mit? Und wie ist es um die Schaumstabilität gestellt? Von der Sauberkeit des Glases mal abgesehen, ist meist ein stabilerer Schaum wünschenswert, da er den Kontakt des Bieres mit Sauerstoff verringert.
Als letztes gucken wir noch, ob das Bier trüb oder klar ist, ob also die Hefe herausgefiltert ist oder das Bier noch lebt. Neben dem Alkohol ist die Hefe ein Geschmacksträger und kann somit ein Indikator dafür sein, wie intensiv das Bier schmeckt. Nebenbei erwähnt, wenn ein Bier trüb ist, was aber eigentlich klar sein sollte, dann lasst die Finger davon, denn auch eine Infektion kann das Bier trüb machen. Ich selber habe aber nur im Labor gesehen, wie sowas aussieht, wenn man absichtlich eine Infektion hervorruft. Lustigerweise kann man das Bier meist theoretisch noch trinken, es ist nicht gesundheitsgefährdend, es schmeckt nur nicht mehr.
Nachdem wir das Bier inspiziert haben kommt jetzt die Nase zum Einsatz. Vor allem kalt gehopfte Biere bringen hier ein besonderes Erlebnis zutage. Wenn man nicht gerade in England ist, wo das Bierglas bis zum Rand gefüllt ist, kann man das Bier leicht schwingen, damit sich die volatilen Stoffe im Bier durch den Kontakt mit Sauerstoff sich lösen und leichter für die Nase „erriechbar“ sind.
Je nachdem, welchen Bierstil ihr vor euch habt und welcher Hopfen genutzt wurde könnt ihr euer blaues Wunder erleben. Beispielsweise habt ihr durch die Ester im Hefeweizen meist einen Duft nach Banane, oder bei kaltgehopften Bieren ein tolles Zitrusbouquet, das von Maracuja bis Grapefruit oder Mango reichen kann. Beispielsweise der Citrahopfen sorgt, wie der Name schon andeutet, mit für den intensivsten Geruch nach Zitrusfrüchten. Aber auch das „normale“ Pils kann eine sehr angenehme Blume haben. Da ja zudem die Nase für einen Großteil des Geschmackserlebnisses verantwortlich ist, lohnt es sich um so mehr am Bier zu riechen. Der Geruch des Bieres ändert sich zudem mit der Temperatur, daher solltet ihr nicht nur am Anfang an eurem Bier riechen, sondern auch zwischendurch, wenn sich das Bier etwas aufgewärmt hat. Generell gilt, je wärmer das Bier, desto intensiver der Geruch.
Eine letzte Bemerkung noch zum Duft des Bieres: ein kaltgehopftes Bier sollte recht zügig nach der Abfüllung getrunken werden, da sie ätherischen Öle, die für den Duft verantwortlich sind, sich wieder abbauen. So ist ein älteres IPA ein eher enttäuschendes Geruchserlebnis gegenüber einem frischen. Andere lagerfähige Biere hingegen entfalten ihr volles Aroma erst Wochen später.
Wo der geübte Weinverkoster wieder ausspuckt, darf der Biertrinker auch runterschlucken, weil ihm sonst im Gegensatz zum Wein, ein wichtiger Geschmacksbestandteil vorenthalten wird, nämlich die Bittere. Aber erst mal von Anfang an: Nehmt das Glas zum Mund und nehmt einen ordentlichen Schluck.
Dabei solltet ihr gleichzeitig durch die Nase einatmen. Lasst das Bier über die gesamte Zunge gleiten von vorne nach hinten, so bekommt ihr zuerst die Süße und am Ende die ausgleichende Bittere. Gerade diese beiden Geschmackseigenschaften, sollten in einer guten Balance zueinander stehen. Das heißt, dass ein sehr bitteres Bier meist auch eine intensivere Süße hat. Wenn das Verhältnis passt, spricht man auch von einem ausgewogenen Bier. Zudem kann man auch bei der Bittere noch sagen, ob diese schnell wieder verschwindet oder gefühlt am Rachen kleben bleibt.
Mit der Zunge kann man aber noch mehr schmecken. Einige Biere haben eine angenehme Säure, wie zum Bespiel ein Gose Bier. Bei den meisten Bierstilen, außer den Lambics oder Gose dieser Welt, steht diese Geschmackseigenschaft jedoch nicht im Vordergrund.
Ein weiterer Faktor ist das Gefühl, das ein Bier im Mund erzeugt. Hier kommt es zum einen auf die Karbonisierung an, also wieviel CO2 im Bier gebunden ist. Daher kann man etwas zum Körper des Bieres sagen, ob es eher leicht und süffig ist, oder schwer wie Motoröl.
Über sogenannte „Fehlgeschmäcker“ (die in manchen Bieren bzw. Bierstilen vielleicht gewollt sind, werde ich ein andermal berichten. Ich hoffe ihr hattet Spaß beim lesen des Artikels, und beim Ausprobieren mit eurem nächsten Bier. Doch denkt dran: Nicht jeder Mensch schmeckt ein Bier gleich und über Geschmack lässt sich ja bekanntlich auch streiten. Warum also nicht mit euren Freunden beim nächsten Bier über Aussehen, Geruch und Geschmack des Bieres vor euch diskutieren. In dem Sinne wünsche ich euch viel Spaß mit eurem nächsten Craft Bier.